Beziehungen und Krebs

Ich würde heute gern über ein Thema sprechen, das oftmals verdrängt wird. Viele Menschen trauen sich nicht, Fragen über das Liebesleben zu stellen. Und erst recht nicht, wenn der Betroffene an Krebs erkrankt ist. Was darf man? Was sollte man lieber lassen?

 

Erst einmal grundlegend: Ich war zum Zeitpunkt meiner Diagnose Single und bin es auch immer noch. Und in meinen Augen war das auch genau richtig. Ich hatte das Gefühl, durch meine Erkrankung einige Personen mit einbezogen zu haben. Und ich wollte den Kreis dieser Personen so klein wie möglich halten. Warum? Weil ich anderen Menschen keinen Schaden zufügen möchte. Das Leid meiner Mitmenschen hat in mir einen fürchterlichen Schmerz ausgelöst. Je näher mir diese Menschen standen, oder stehen, desto größer die Emotionen. Das ist ja auch verständlich. 

Ein Partner oder eine Partnerin an der Seite zu haben kann sehr helfen. Sie fangen dich auf, sind für dich da und du kannst dich immer auf sie verlassen. Aber einen weiteren Menschen mit solchem Schmerz sehen zu müssen, das wollte ich nicht. Außerdem muss ich auch gestehen, dass ich mich ständig selbst fragen würde, ob mein Partner bei mir ist, weil er es als seine Pflicht ansieht, oder aus Liebe. Und es würde mich zerstören zu wissen, dass der andere mich nicht mehr liebt, aber aus Schuldgefühlen bei mir bleibt. 

 

Menschen mit Krebs müssen einige Dinge beachten. Nach einer Stammzelltransplantation sind die Vorkehrungen noch deutlich höher. Jeder Keim, jeder Kranke im Umfeld kann zu einer lebensbedrohlichen Situation werden. Einige Zeit darf man andere nicht mal umarmen, geschweige denn die Hand reichen. Wie verhält sich das dann, wenn man in einer festen Beziehung ist? 

 

Zuerst einmal gab es hier, zumindest teilweise, Entwarnung. Meine Familie, die Menschen mit denen ich zusammen wohne, durfte ich durchgängig umarmen. Da die Keime dieser Menschen rund um die Uhr um mich herum sind, sind sie nicht so gefährlich wie die anderer Personen. Trotzdem sollte man großen Abstand wahren, wenn ein Familienmitglied krank ist. 

Ähnlich verhält sich das auch mit dem Partner oder der Partnerin. Man kann und sollte sich weiterhin so normal wie möglich verhalten. Körperkontakt ist ein natürliches Bedürfnis, und eine Umarmung oder ein Kuss können emotional in einer solchen Situation noch wichtiger als sonst sein. Oftmals ist man während der Therapie so erschöpft, dass man eigentlich nur seine Ruhe haben möchte und viel schläft. Sollte man dennoch Geschlechtsverkehr haben, so sollte, auch bei langjährigen Partnerschaften, auf eine Verhütung mittels Kondom geachtet werden. 

 

Eine schwere Erkrankung wie Leukämie hat auch einen großen Einfluss auf die eigene Psyche. Manchmal weint man einfach, ohne Grund oder braucht eine Umarmung. Der Partner oder die Partnerin können daher eine große Stütze sein und ich glaube, dass eine Beziehung, die solch ein Schicksal übersteht, alles meistern kann. 

 

In meiner aktuellen Situation kann ich nur sagen, dass es wirklich schwer ist, jemanden kennen zu lernen. Die Tatsache, dass ich an Krebs erkrankt bin, kommt schnell zur Sprache. Spätestens wenn ich meine Tabletten einnehme oder erklären muss, warum ich nach geringer Anstrengung so fertig bin. Und spätestens ab diesem Augenblick reagiert der Gegenüber seltsam und ist, in den meisten Fällen, über alle Berge. Das ist verletzend. So verletzend, dass ich ehrlich gestehen muss, dass ich gar niemanden momentan kennen lernen möchte. Ich denke, dass es einfach der falsche Zeitpunkt dafür ist und ich die Liebe und Kraft die ich habe komplett in meine eigene Heilung investieren muss.

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Kommentare: 1
  • #1

    Mark (Mittwoch, 19 Dezember 2018 15:05)

    Danke für deine Offenheit, Gesa. Ich wünsche dir alles Gute für 2019 <3